Ankommen in Kirchheim

19.09.2023

Im Rahmen der Stadtgespräche konnten Interessierte am Samstag, 16. September im Erzählcafé des Bürgertreffs einen Einblick in die Lebens- und Fluchtgeschichten einiger in Kirchheim lebender geflüchteter Menschen und ihrer Familien erhalten.

Allen gemeinsam war der Zeitpunkt der Flucht aus ihrem Heimatland Syrien, nämlich das Jahr 2015. Ähnlich auch die Fluchtgründe: Der Bürgerkrieg in Syrien und die damit verbundene drohende Einberufung zum Militärdienst. Die Ortsnamen Aleppo, Idlib, Erbil sind vielen sicher aus der medialen Berichterstattung geläufig.

Auch die Fluchtrouten und die Umstände der Flucht waren ähnlich: Von Syrien in die Türkei, hier oft unterschiedlich lange Aufenthalte unter schwierigen Bedingungen, weiter nach Griechenland und von dort über die Balkanroute nach Österreich und danach die Verteilung auf weitere europäische Länder.

„Warum Deutschland und nicht Österreich, das auch ein sicheres Land ist?“, fragt ein Zuhörer.

„Ich war Fan von Oliver Kahn“, antwortet Ali Mansour und erntet verständnisvolles Schmunzeln und Beifall.

Nach der Ankunft in Deutschland folgt der Aufenthalt in der jeweiligen LEA, danach die Unterkunft in den regionalen Asylbewerberheimen – hier die Charlottenstraße in Kirchheim.

Das Fußfassen in Deutschland – das ist in allen Berichten gleich – steht und fällt mit dem Erlernen der deutschen Sprache. Dabei ist der schwäbische Dialekt eine besondere Hürde. „Mach nore“ oder „Zibebe im Kuchen“ stellten den Drucktechniker Segvan Ibrahim aus dem kurdischen Nord-Syrien vor manche Probleme, die er aber durch die Unterstützung seiner Kollegen gut bewältigt hat. Mittlerweile ist er ein begeisterter Sammler schwäbischer Ausdrücke und Redensarten. Seine Ausbildung hat er erfolgreich beendet und hat nun auch wie die anderen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Vor allem die im Rahmen des Familiennachzugs angekommenen Frauen berichten von Schwierigkeiten, Sprachkurse besuchen zu können. Sie sind oft gut ausgebildet; es hapert aber mit der Anerkennung der im Heimatland erworbenen Qualifikationen und der nötigen Kinderbetreuung.

Probleme mit den Ämtern, Arbeitssuche, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche sowie die Hürden beim Erlangen eines deutschen Passes werden in der abschließenden Fragerunde angesprochen.

„Wann ist ein Flüchtling kein Flüchtling mehr?“ Diese Frage richtet den Blick auf die negativen Erfahrungen der Geflüchteten und die Ressentiments in Teilen der Gesellschaft. Einig sind sich alle, dass es in jedem Land Vorbehalte gegenüber Fremden gibt.

Unter dem Strich zeigt sich bei allen anwesenden Geflüchteten auf jeden Fall aber große Dankbarkeit für die Hilfe in ihrer Notsituation und die Bereitschaft, durch Bildung, Fleiß und Engagement die eigene Lebenssituation zu verbessern und so ihren Beitrag zur Integration zu leisten und dem aufnehmenden Land etwas zurückzugeben.

Meta Berkowitsch
September 2023